Ampel, Brombeere und der Tag der Schuldzuweisungen

Gestern war ein ereignisreicher Tag und ich hatte keine Zeit, meine Meinung aufzuschreiben, außer in schnellen Posts auf X. Ich war – neben den Aufgaben im Haushalt – am Abend damit beschäftigt, mich über die Wahlen in den USA zu informieren, dann kam die Meldung vom Ende der Sondierungsgespräche in Sachsen und diese Nachricht wurde noch übertroffen vom Ende der Ampel.

Die Politiker aller Couleur, vor allem aber die Roten und die Gelben, haben sich dagegen heute ausgiebig Zeit genommen, um uns Wahlvolk zu erklären, wer denn nun schuld am Ende der Ampelkoalition ist. Es ist kein Spoiler, wenn ich schon vor der 20-Uhr-Tagesschau verrate, dass es natürlich die jeweils andere Seite ist, die zu unflexibel und zu wenig kompromissbereit ist.

Ego und Slim Fits

Nun konnte ich leider noch nie Mäuschen bei den Sitzungen des Bundeskabinetts sein und war auch gestern beim Koalitionsausschuss nicht dabei, deshalb ist es für mich als reiner Beobachter schwierig, über Schuld zu entscheiden, und anders als vor Gericht kann ich leider auch nicht erwarten, dass meine Fragen beantwortet werden. Aber ich habe so eine Ahnung, was am Ende eine große Verantwortung getragen hat: Das Ego von Christian Wolfgang Lindner, sekundiert von den Slip-Fits Marco Buschmann, Christian Dürr und Konstantin Kuhle.

Ich bin ehrlich, die Politiker sind mir allesamt schlicht unsympathisch. Besonders Lindner passt überhaupt nicht zum Scholz und dem Habeck. Der schlechteste Bundesfinanzminister aller Zeiten hatte immer etwas von einem Außenseiter in der Regierung. Mit einer großen Portion Selbstüberschätzung hat er oft tiefes Unverständnis gezeigt, wenn SPD und Grüne ihm, dem Erleuchtetem, nicht folgen wollten. Und so gab es nach einem Kompromiss oft ein FDP-Veto gegen ebendiesen gemeinsamen Beschluss.

Ego und der Ordre du Mufti

In Sachsen hingegen gab es Mäuse, die von den Sondierungsgesprächen zwischen CDU, BSW und SPD erzählen können. Der Paritätische Wohlfahrtsverband und die IHK berichteten von einer konstruktiven Arbeit in den einzelnen Projektgruppen und einem guten Miteinander. Was also war der Knackpunkt, wenn nicht die Atmosphäre? Vermutlich eine weitere Person mit einer gehörigen Portion Selbstüberschätzung.

Sarah Wagenknecht sieht den Markenkern ihrer Gründung verwässert, wenn sich der Landesverband Sachsen zu sehr auf die Realpolitik einlässt und akzeptiert, dass eine Landesregierung auf Bundes- und EU-Ebene zwar mehr Friedenspolitik fordern kann, der letztendliche Einfluss auf das tatsächliche Handeln aber begrenzt ist. Es geht dem BSW also nicht um den Freistaat Sachsen, sondern um Wagenknechts Chancen bei der nächsten Bundestagswahl.

Mea culpa

Was ich heute bei den vielen Wortspenden der Politikerinnen und Politiker vermisst habe, war die Selbstreflexion. Kein Nachdenken über den Anteil der eigenen Partei am Ende der aktuellen Regierungskoalitionen. Ein solcher Satz hätte mir bei meiner Wahlentscheidung im Januar oder März nächsten Jahres geholfen. So bleibt mein Eindruck von heute: Politik wird immer unglaubwürdiger.

Lachnummer CSU

Heute wurde auch bekannt, dass die CSU mit einem gewissen Alexander Dobrindt als Spitzenkandidat in den Bundestagswahlkampf ziehen will. Also mit jemandem, der seine Unfähigkeit als Bundesverkehrsminister bereits unter Beweis gestellt hat. Was hat dieser Typ gegen Markus Söder in der Hand? Die Nominierung zeigt, dass es schon lange nicht mehr um Deutschland geht. Verdient unser Land nicht eigentlich die Besten?