Ein södernesker Tweet, eine göttliche Replik von Ricarda Lang und ein „gutes“ Beispiel, warum die Demokratie schlechte Karten hat

Natürlich applaudiere ich Ricarda Lang für ihre Antwort. Mit nur drei Namen hat sie Herrn Söder vorgeführt. Chapeau!

Vielleicht sollte ich als Wähler aber nun nicht weiter darüber nachdenken, denn eigentlich sind beide Tweets nur mit einer großen Portion Galgenhumor zu ertragen.

In seiner Selbstverliebtheit, die nur noch vom Möchtegern-Fritze übertroffen wird, musste der kleine bayerische Populist mal wieder über die Ampelregierung herziehen. Gut, das ist bei der Scholz-Truppe grundsätzlich erst einmal kein Grund zur Kritik, aber SPD, Grünen und FDP die schlechte Verfassung Deutschlands anzuhängen, dazu gehört schon eine gehörige Portion Vergesslichkeit.

18 Jahre und 9 Monate

Markus Söder muss nämlich den Zeitraum vom 22. November 2005 bis zum 8. Dezember 2021 ausblenden, in dem Regierungen unter Führung der sogenannten Unionsparteien im Amt waren, und er muss zum Beispiel den Andy vergessen. Allein das PKW-Maut-Debakel des CSU-Ministers kostet den Steuerzahler 243 Millionen Euro. Wie viele Schulen hätte man damit sanieren können? Das ist natürlich eine rhetorische Frage, auf die es keine Antwort gibt. Denn das Geld ist weg, andere CDU/CSU-Regierungsmitglieder haben es ihm gleich getan und dazukommt noch eine Politik der falschen Prioritäten.

1 Ministerpräsident und 9 Beteiligungen an Landesregierungen

Frau Lang hingegen vergisst, dass es in Deutschland nicht nur eine Bundesregierung, sondern auch 16 Landesregierungen gibt. So ganz unbeteiligt ist ihre Partei nämlich nicht und Vetternwirtschaft ist kein rein bayerisches Phänomen.

Mea culpa

Weder Herr Söder noch Frau Lang übernehmen also Verantwortung. Aber was ist das für ein Zeichen? Stellen wir uns vor, in Thüringen käme ein Bernd an die Macht. Mit ein paar Taschenspielertricks – die schlecht formulierte Landesverfassung macht es möglich – wird er im dritten Wahlgang Ministerpräsident. Und dann kommt das, wovor Sarah Wagenknecht bisher immer erfolgreich weggelaufen ist, nämlich die Übernahme von Verantwortung in den Niederungen des Alltags.

Wie das aussieht, zeigt Robert Sesselmann, seines Zeichen erster AfD-Landrat Deutschlands, im Landkreis Sonneberg Tag für Tag. Er scheitert an der Lebenswirklichkeit. Plakative Parolen lösen halt keine Probleme. Natürlich sind die anderen schuld. Sonderlich alternativ ist die selbsternannte Alternative nämlich nicht. Sie zeigt ganz normales Altparteienverhalten, nur in braun.

Was wäre es also für ein Signal, wenn sich Frau Lang und Herr Söder keine Frotzeleien liefern würden, sondern einfach ihre jeweiligen Fehler eingestanden hätten? Vielleicht würden sich die Wähler dann nicht immer häufiger genervt abwenden, sondern der Demokratie eine Chance geben.