Eine verhängnisvolle Schiffsreise, die Erfüllung im Leben und die Sage vom fliegenden Holländer

Der fliegende Holländer ist eine romantische Oper von Richard Wagner, die am 2. Januar 1843 bei uns in Dresden uraufgeführt wurde. Er schrieb sie nach einer stürmischen Schiffsreise und ließ sie zunächst in Schottland spielen. Wegen des mäßigen Erfolgs wurde die Oper nach nur vier Vorstellungen abgesetzt. 1860 überarbeitete Wagner die Urfassung. Musikalisch wurden vor allem die Ouvertüre und der Schluss verändert. Ort der Handlung ist jetzt Norwegen. Der Erfolg stellte sich ein.

Wenn sich in der Semperoper der Schmuckvorhang hebt, habe ich stets einen Moment lang Angst: Wie selbstüberhöht wird das Bühnenbild sein? Während der Ouvertüre zum „Fliegenden Holländer“ öffnet sich der Blick auf eine Steilküste, die tatsächlich zum Stück zu passen scheint. Doch schon die Kulisse zeigte beispielhaft, was die Zuschauer erwartete.

Der fliegende Holländer nach Richard Wagner

Obwohl er fast schon zu Hause ist, muss Kapitän Daland mit seinem Schiff noch einmal in einer geschützten Bucht vor Anker gehen. Er gerät in einen heftigen Sturm. Plötzlich taucht wie aus dem Nichts ein Schiff mit roten Segeln und schwarzen Masten auf. Der Kapitän dieses Schiffes ist dazu verdammt, für immer untot auf dem Meer zu bleiben. Nur alle sieben Jahre darf er an Land gehen, um sich eine Frau zu suchen. Bleibt diese ihm treu, werden er und seine Mannschaft erlöst.

Währenddessen warten an Land die Angehörigen der Schiffsbesatzung auf deren Rückkehr, unter ihnen die Tochter des Kapitäns, Senta. Während des Wartens singt sie die Ballade vom Verfluchten, seiner Mannschaft und einem Schiff mit roten Segeln und schwarzen Masten. Sehr zum Leidwesen ihres Verlobten. Verzweifelt verlässt Erik sie, als ihr Vater mit dem Verfluchten heimkehrt. Senta hingegen sieht ihr Schicksal erfüllt.

Das traditionelle Heimkehrerfest der Seeleute soll mit einer rauschenden Verlobungsfeier verbunden werden. Auch die Besatzung des Schiffes mit roten Segeln und schwarzen Mast soll zum Fest eingeladen werden. Doch aus dem Schiff dringt nur ein unheimliches, gespenstisches Dröhnen. Entsetzt fliehen die Dorfbewohner. Erik ergreift noch einmal die Gelegenheit, Senta in einem Gespräch an ihr Versprechen ewiger Liebe zu erinnern. Der hinzugekommene Holländer hat das Gespräch belauscht und ist sich sicher, dass auch Senta ihm nicht die erhoffte Treue halten kann. Um sie vor den drohenden Konsequenzen zu bewahren, verlässt er sie und kehrt auf sein Schiff zurück. Doch Senta läuft ihm nach, schwört ihm erneut Treue bis in den Tod und stürzt sich von einem Felsen ins Meer. Augenblicklich versinkt das Schiff des Holländers in den Fluten. Der Verfluchte ist erlöst.

Der fliegende Holländer nach Florentine Klepper

Vor unserem heutigen Abend in der Semperoper habe ich nicht nur die Zusammenfassung des Stückes bei Wikipedia gelesen, sondern auch die Einführung auf der Homepage des Hauses. Dort heißt es, dass die Regisseurin Florentine Klepper in ihrer Inszenierung die Perspektive Sentas einnimmt und von ihrer Emanzipation erzählt, weg vom Vater, weg vom Verlobten und weg vom heimatlichen Dorf, wo sie ein perspektivloses Schicksal als Hausfrau und Mutter erwartet.

Das finde ich eine sehr respektlose Ansage!

Ich kenne eine Geschäftsfrau, die sich trotz ihres Erfolges nicht zu einer solchen Bemerkung hinreißen lassen würde. Ich schätze sie sehr für ihre Bodenständigkeit. Die sehe ich bei Frau Klepper nicht. Und doch macht ihre Inszenierung Sinn. Die Träume einer Frau werden in einer fremdbestimmten Welt zerstört.

Aber wenn sie dieser Botschaft Raum geben will, muss sie ein eigenes Stück schreiben. So war heute Abend auf der Bühne die Musik von Wagner zu hören und die Handlung von Klepper zu sehen, aber so richtig zusammengepasst hat diese Inszenierung nicht. Und dass keine roten Segel zu sehen waren, könnte ich fast vergessen, wenn auf den Kitsch der luftigen Wolken in der Verliebtheitsphase verzichtet worden wäre.

Der fliegende Holländer nach Danny Schreckenbach

Die Botschaft von Richard Wagners Oper passt nicht mehr in unsere Zeit. Ich finde den Ansatz, dass wir Menschen unsere Erlösung nur in einem anderen Menschen finden können, falsch.

Ja, eine Menschenseele schreit auch im größten Leid nur nach einer anderen Menschenseele. Die Erlösung muss die Menschenseele jedoch zuerst in sich selbst finden. Dann klappt es vielleicht auch mit einer glücklichen Beziehung. Vielleicht. Vielleicht ist diese nicht das Wichtigste im Leben. Vielleicht sollten wir zuerst nach innerer Freiheit streben. Nach Zufriedenheit. Und nicht nach immer mehr.