Tat, Urteil und eine True Crime Live Show

Rechtsanwalt Alexander Stevens und Journalist Constantin Schreiber präsentieren und diskutieren den Fall des Dreifachmordes von Starnberg: In der Nacht vom 10. auf den 11. Januar 2020 erschoss Maximilian B. seinen Freund Vincent P., dessen Eltern und den Hund der Familie, um Waffen zu stehlen. Im März 2023 wurde er zu einer Jugendstrafe von 13 Jahren verurteilt. Sein Mitbewohner Samuel V., der die Tat mit vorbereitet und Maximilian zum Tatort gefahren hat, wurde zu einer Jugendstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Die True Crime Live Show im Alten Schlachthof erinnert mich an „Terror“ von Ferdinand von Schirach. Das Theaterstück bzw. die ARD-Verfilmung handelt allerdings von einem fiktiven Fall. Heute geht es um einen realen Mord. In beiden Fällen kann das Publikum abstimmen. Und hier es gibt noch einen weiteren Unterschied: Während Herr von Schirach wie in einem echten Prozess nur einmal entscheiden lässt, wird bei „Angeklagt – Schuldig oder nicht?“ mehrfach abgestimmt.

Wenn man bedenkt, wie ein Urteil zustande kommt, ist „Angeklagt“ wahrscheinlich näher an der Gerichtswirklichkeit als „Terror“. Während die Vertreter der Staatsanwaltschaft die Anklageschrift verlesen, mache ich mir als Schöffe schon meine ersten Gedanken, und wenn dann die einzelnen Zeugen gehört und die Beweise vorgelegt werden, finde ich Gründe, die meine Meinung stützen oder ändern. Dazu kommen die Gespräche im Beratungszimmer, die heute Abend in Form von Gesprächen mit den Sitznachbarn stattgefunden haben.

Besonders beeindruckt hat mich die Rhetorik von Alexander Stevens. Der Tagesschausprecher hingegen wirkte in seinen Beiträgen manchmal etwas schwach. Constantin Schreibers einfaches „na ja“ kann zwar entwaffnend wirken, kam aber gegen die geschliffenen Sätze des deutsch-britischen Rechtsanwalts, der nebenbei auch noch Podcaster, Bestsellerautor und Schauspieler ist, nicht wirklich an. Er dachte nicht nur über einen Fall nach. Nein, er hat lange und intensiv nachgedacht. Das wirkt und – auch wenn das vielleicht ein bisschen fanboymäßig klingt – ihn würde ich gerne mal vor Gericht erleben. Aber natürlich nur, wenn ich als Schöffe auf der Richterbank sitzen darf.