Ein überforderter Alterspräsident, das blaue Drehbuch und die konstituierende Sitzung

Der AfD-Abgeordnete versucht gar nicht erst, seinen Machtrausch zu verbergen. Schon mit der Krawattenfarbe gibt Jürgen Treutler zu erkennen, dass er das Amt des Alterspräsidenten des Thüringer Landtags nicht überparteilich neutral ausüben will. Doch seine Breitbeinigkeit weicht schnell der Hilflosigkeit.

Man muss sich das Video der konstituierenden Sitzung nicht in voller Länge von 4 Stunden und 19 Minuten ansehen, um sich eine Meinung zu bilden. Wenn man die parteipolitische Rede des Herrn Treutler und die Sitzungsunterbrechungen überspringt, reicht knapp eine Stunde.

Beim Anschauen der Aufzeichnung aus dem Thüringer Landtag bitte ich, folgendes Zitat im Hinterkopf zu behalten:

Das wird immer einer der besten Witze der Demokratie bleiben, dass sie ihren Todfeinden die Mittel selber stellte, durch die sie vernichtet wurde.

Joseph Goebbels, NSDAP
Propagandaminister im Kabinett Hitler

Der junge Mann mit dem Einstecktuch, der Herrn Treutler immer wieder die richtigen Stellen in einem Ordner zeigen muss, ist übrigens Torben Braga, der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion. Er hat nach seinem Studium noch nie außerhalb der AfD gearbeitet. Kritisiert die AfD nicht sonst genau solche Lebensläufe oder dass jemand (im AfD-Thüringen ist das Wiebke Muhsal) in ein Amt gewählt werden soll, der rechtskräftig wegen Betrugs zum Nachteil des Parlaments verurteilt wurde? Ich sehe hier die typische Doppelmoral der Altparteien.

Zurück zu Herrn Treutler: Wie die Zeitung „Die Welt“ berichtet, scheint er nicht ganz zufällig in das Amt des Alterspräsidenten gekommen zu sein. Der 73-Jährige hatte sich bei der letzten Bundestagswahl erfolglos um ein Direktmandat in seinem Wahlkreis beworben. Bei der diesjährigen Landtagswahl in Thüringen gewann er dagegen den Wahlkreis. Für ihn, so die „Welt“, musste sogar der bisherige Kandidat Roland Schliewe aus strategischen Gründen zurücktreten.

Wenn der Bericht stimmt, dann hat man für die Opferrolle, die die Kolonne um den Faschisten Björn Hocke immer wieder gern einnimmt, ein richtiges Drehbuch geschrieben. Nur leider wollen das die AfD-Wahler nicht sehen, geschweige denn wahr haben.

Gute Nacht, Demokratie! Aber der Ministerpräsident eines Bundeslandes, dessen Wirtschaftsleistung derzeit stark sinkt, sieht die Schuld für den Zustand Deutschlands lieber bei den Grünen. Mit seiner Obsession wird er wohl als Steigbügelhalter für die Machtübernahme in die Geschichtsbücher eingehen.