Die Empfehlung einer Arbeitskollegin, neues Wissen und der Besuch der alten Dame

Wir waren gestern zum „Besuch der alten Dame“ im Staatsschauspiel, den Dresdnern wohl besser bekannt als Schauspielhaus. Eine Arbeitskollegin hatte mir das Stück kürzlich empfohlen: „Das wird dir bestimmt auch gefallen“. Also haben wir uns Karten besorgt.

Da meine Büromitbewohnerin einen sehr guten Geschmack hat, habe ich weder vor dem Kartenkauf noch vor dem Theaterbesuch etwas über das Stück gelesen. Ich werde an dieser Stelle jetzt erstmal das zusammentragen was ich heute vorm Schreiben des Blogposts alles so gelernt habe.

Der Besuch der alten Dame ist eine tragische Komödie in drei Akten des Schweizer Schriftstellers Friedrich Dürrenmatt. Er war also nicht nur Maler, wie ich bisher dachte, sondern auch Schriftsteller und, was mich fast noch mehr überraschte, er lebte von Januar 1921 bis Dezember 1990, also noch zu meinen Lebzeiten. Das Stück selbst wurde ein Welterfolg und brachte Dürrenmatt finanzielle Unabhängigkeit.

Schon wieder was gelernt. Vielleicht kann Herr Jauch ja mal anrufen.

Obwohl das Stück schon seit vielen Jahren auf den Bühnen der Welt zu sehen ist – die Uraufführung fand 1956 statt – hat es nichts von seiner Aktualität verloren, im Gegenteil. Ich hoffe für uns alle, dass nie der Tag kommt, an dem wir uns die faustische Frage nach dem eigenen Preis stellen müssen: „Was kostet es mich, alle meine moralischen Grundsätze zu vergessen? Was ist meine Seele wert?“

Die Inszenierung im Schauspielhaus war sehr stimmig. Die Möglichkeiten der Bühnentechnik wurden gut genutzt, auf übertriebenen Schnickschnack wurde verzichtet. Und, was im Staatsschauspiel lange Zeit ein Muss zu sein schien, es gab keine Nackten auf der Bühne.

Zudem wurde sehr eindringlich mit der Farbe Gelb gespielt, also der Farbe, die optisch hell und leuchtend für Fröhlichkeit, Wärme und Optimismus steht, aber eben auch für Neid, Egoismus und Geiz. Nur auf das Blitzlichtgewitter hätte ich verzichten können. Der Sinn des Stroboskopeffekts hat sich mir nicht erschlossen. Nachdem ich den massiven Einsatz von Lichteffekten in einer Inszenierung von „Hamlet“ erlebt habe, hoffe ich mal, dass die Blitze nicht die Nackten als „must have“ ablösen.

Ich weiß nicht, ob es in einem klassischen Theater zum guten Ton gehört, auf Mikrofone zu verzichten, ich hätte mir ihren Einsatz gewünscht. Zumal das Publikum im Herbst ja auch öfter hustet und nicht nur den verdienten Applaus gibt.