Übergroße Worte und die harte Detailarbeit

Heute wurde in Ägypten der Gaza-Friedensplan feierlich besiegelt. Zu dem Gipfel in Scharm El-Scheich werden Staats- und Regierungschefs aus über 20 Ländern erwartet, darunter auch Bundeskanzler Friedrich Merz. Ziel der Zeremonie ist die formelle Unterzeichnung des Abkommens zur Waffenruhe und die Einleitung einer Phase des Wiederaufbaus. Der Friedensplan von Trump und Ägypten ist in mehrere Phasen unterteilt. Die Menschen in Gaza erleben bereits einen Waffenstilstand und heute wurden die letzten israelischen Geiseln freigelassen. Die erste Phase umfasst eine Waffenruhe und den Rückzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen sowie die Steigerung humanitärer Hilfslieferungen. Ziel des weiteren Plans ist die Entmilitarisierung des Gazastreifens und der Aufbau einer internationalen Stabilisierungstruppe ohne Verwaltungsrolle für die Hamas. Langfristig soll ein Dialog zwischen Israel und den Palästinensern über einen politischen Rahmen für ein friedliches Zusammenleben initiiert werden, während Gaza zu einer Sonderwirtschaftszone werden soll.

Nicht dabei in Scharm El-Scheich: Israel und Vertreter der Hamas.

Der heutige Tag in Scharm El-Scheich mag als historisch gefeiert werden, doch die Gefahr, dass dieser mühsam errungene Frieden zwischen Israelis und Palästinensern fragil bleibt, ist nach wie vor sehr hoch. Dies liegt unter anderem daran, dass der US-Präsident Donald Trump in erster Linie ein „Dealmaker” ist, dem das strategische, langfristige Fundament des Friedensprozesses weniger wichtig erscheint als der schnelle, öffentlichkeitswirksame Erfolg der Unterschrift. Trumps Neigung, sich auf den Abschluss eines Abkommens zu konzentrieren, ohne die komplexen Detailfragen der Umsetzung und Stabilisierung nachhaltig zu klären, wirft einen langen Schatten.

Ein Blick auf die Mängel des Abkommens zeigt, warum der Jubel verfrüht ist. So weichen die Vorstellungen der Hamas von der im Friedensplan vorgesehenen Entmilitarisierung sowie der Übergabe der Kontrolle an eine Übergangsverwaltung noch immer fundamental ab. Die Hamas hat lediglich der ersten Phase zugestimmt, weigert sich aber, ihre Waffen vollständig abzugeben. Dies schafft ein Sicherheitsrisiko für Israel.

Hinzu kommt, dass der Deal die Spaltung der Palästinenser zementiert, denn die Palästinensische Autonomiebehörde im Westjordanland wurde in die Verhandlungen kaum oder gar nicht einbezogen. Präsident Abbas und seine Regierung waren weder an der Unterzeichnung beteiligt, noch sind sie in der geplanten Übergangsverwaltung von Gaza repräsentiert. Ein gesamtpalästinensischer Konsens und somit ein breiter Rückhalt für den Friedensprozess fehlt gänzlich.

Die tief verwurzelte Herausforderung: Hass auf beiden Seiten

Die größte Herausforderung für einen dauerhaften Frieden liegt jedoch in der Gesellschaft selbst. Die Menschen vor Ort müssen Frieden erst lernen. Im Gazastreifen wird den Kindern der Hass auf Israel und Juden regelrecht anerzogen – in Schulen und Medien, die von der Hamas kontrolliert oder beeinflusst werden. Gleichzeitig zeigt sich bei fundamentalistischen jüdischen Siedlern ein ähnliches Verhalten. Auch dort werden Ideologien des Hasses und der Verweigerung von Rechten für Palästinenser geschürt. Solange diese tief verwurzelte Ablehnung der Existenz der Gegenseite in den Köpfen der nächsten Generationen weiterlebt, kann kein noch so gut gemeinter Vertrag der internationalen Gemeinschaft auf Dauer Bestand haben. Der Friedensplan ist ein Anfang, doch ohne parallele und nachhaltige Arbeit an den tiefen Wunden sowie an der gesellschaftlichen Versöhnung ist ein Rückfall in die Gewalt jederzeit möglich.

Verdient Trump nun doch den Friedensnobelpreises?

Nein. Denn – um es mit einer Metapher zu beantworten: Nur weil ich sage, ich räume auf, habe ich noch nicht aufgeräumt.