Geistige Getränke und andere schwere Sünden

Als ich mit „House of Guinness” startete, war ich leicht überfordert: Eine Flut von Texten, neue Gesichter, komplexe Zusammenhänge. Ich war überfordert und wusste kaum, was ich da eigentlich sah. Doch dann geschah etwas, das mich unweigerlich in den Bann zog: Der betörende Mix aus opulenten Kostümen, einem beeindruckenden Bühnenbild und einer mitreißenden musikalischen Untermalung zog mich tief in die Geschichte hinein. Schnell wurde klar: „House of Guinness” ist keine Serie, die man nebenbei laufen lassen kann. Netflix fordert und belohnt die volle Aufmerksamkeit, denn die Serie bietet einen unglaublich spannenden und detaillierten Blick in die Vergangenheit. Gute Unterhaltung ist sie obendrein.

Die Serie entführt uns ins pulsierende Dublin des 19. Jahrhunderts und beleuchtet dabei zwei zentrale und oft schmerzhafte Aspekte der Geschichte. Zum einen tauchen wir tief in den politischen und gesellschaftlichen Konflikt zwischen Irland und Großbritannien ein. Der erbitterte Kampf um Unabhängigkeit, die Gräben zwischen den Kulturen sowie die politischen Ränkespiele werden auf packende Weise dargestellt. Man spürt die Spannungen, die Hoffnungen und die Verzweiflung der Menschen, die zwischen Loyalität und Rebellion zerrissen sind. „House of Guinness“ scheut sich nicht, die harten Realitäten dieser Zeit zu zeigen und den Einfluss des Konflikts auf alle Ebenen der Gesellschaft zu beleuchten – selbst auf eine so mächtige Familie wie die der Guinness.

Zum anderen bietet „House of Guinness“ einen bemerkenswert nuancierten Einblick in die gesellschaftliche Stellung von Frauen und Homosexuellen in dieser Epoche. Frauen, die meist auf ihre Rolle als Ehefrauen und Mütter beschränkt waren, kämpfen um ihre Stimme, ihren Einfluss und ihre Unabhängigkeit in einer patriarchalischen Welt. Die Serie zeigt auf eindringliche Weise die Zwänge und Erwartungen, denen sie ausgesetzt sind, aber auch die subtilen Wege, die sie gehen, um ihre eigenen Vorstellungen zu verwirklichen und ihre Macht zu nutzen. Parallel dazu wird die prekäre Lage von Homosexuellen thematisiert, die im Geheimen leben müssen, um Verfolgung und Ausgrenzung zu entgehen. Die Serie zeichnet ein sensibles Bild von verbotener Liebe, gesellschaftlicher Ächtung und dem Mut, unter größtem Risiko authentisch zu sein. „House of Guinness“ ist ein Fenster in eine Zeit, in der die Sexualität und Identität eines Menschen oft über sein Schicksal entschied.

Ein weiterer Aspekt, der in „House of Guinness” angerissen wird, ist der Beginn der Sozialversicherung, allerdings aus einer überraschend nüchternen Perspektive. Die Guinness-Familie, die für ihren Reichtum und ihren Einfluss bekannt ist, ergreift zwar Maßnahmen, um ihre Arbeiter zu unterstützen, doch die Serie macht deutlich, dass dies weniger aus christlicher Barmherzigkeit geschieht, sondern vielmehr aus machtpolitischem Kalkül, um die Loyalität der Belegschaft zu sichern und soziale Unruhen zu vermeiden.


Kommentare

Beate • Sonntag, 12. Oktober 2025 (via Threads)

Liest sich gut. Hab leider kein Netflix. 😕

Danny • Sonntag, 12. Oktober 2025

Ich kenne viele, die holen sich Netflix immer mal für ein, zwei Monate, gucken dann ihre Serien durch und kündigen.

Beate • Sonntag, 12. Oktober 2025 (via Threads)

Hab ich überlegt, bin aber so schon genug vollgeballert. Zur Not bezahle ich mal etwas zusätzlich bei Amazon, weil ich das eh habe.  

Netflixer • Sonntag, 12. Oktober 2025

🛀🏼

Danny • Sonntag, 12. Oktober 2025

Während der Szene habe ich mich schon gefragt: Was ist echt? Was ist CGI? 🫣


Bildquelle: Netflix