Streit im Oval Office und das schleichende Ende einer Führungsmacht

Was war das gestern Abend für eine Show. Nein, ich meine nicht den krampfhaft heiteren Versuch namens „Mainz bleibt Mainz“ in der ARD, sondern die pubertäre Pöbelei, mit der Trump und sein James auf Präsident Wolodymyr Selenskyj eingedroschen haben. Die Kommentatoren des Gesprächs, das aus einer Sendung von RuZZland-TV hätte stammen können, sprechen unisono von einem Imperialisten und seinem Machtanspruch. Ich sehe das anders.

Natürlich agiert Donald Trump wie ein Imperialist. Sein Streben nach Macht, die Ausbeutung von Ressourcen und der Versuch, politische, wirtschaftliche und kulturelle Dominanz auszuüben, sind eigentlich wie aus dem Bilderbuch. Aber dafür müsste Herr Trump ein entsprechendes Gesamtkonzept haben und – mit Verlaub – wer ihm das zutraut, überschätzt ihn gewaltig.

Donald Trump geht es um Donald Trump und nur um Donald Trump.

Kein Politiker würde mit dem Versprechen in den Wahlkampf ziehen, einen Krieg in nur 24 Stunden beenden zu können (mal abgesehen davon, dass wir auch in Deutschland genug Wähler haben, die das glauben). Aber jetzt muss sich das Wort an der Realität messen lassen und ich glaube, dass es Trumps Team gelungen ist, ihm dezent klar zu machen, dass das in der Ukraine nicht geht, ohne das die USA als Marionette Putins dazustehen. Also musste ein Ausweg gefunden werden und den haben wir gesehen: „Wenn du keinen Deal machen willst, sind wir raus“. Die Trump-Evangelikalen werden das auch so sehen. – Unser Präsident hat alles gemacht. Nur die wollen nicht.

Quo vadis Americae?

Politiker auf der ganzen Welt sind entsetzt über das, was in Washington D.C. passiert ist, und die oft gehörte Forderung, Europa müsse sich von den USA emanzipieren, wird wieder lauter. Ich hoffe sehr, dass das gelingt. Wenn sich die Europäische Union endlich zusammenrauft und vielleicht noch eine Allianz mit den Königreichen Großbritannien, Norwegen und Kanada schmiedet, können wir nicht nur ein starkes liberales Gegengewicht zu den USA bilden, sondern auch den Machtansprüchen Russlands und Chinas etwas entgegensetzen. Mexiko wird sich wahrscheinlich eher dem Süden Amerikas zuwenden und so könnte schon in wenigen Jahren die USA nicht mehr das von allen bewunderte Land sein, sondern ein Player neben anderen.

Vielleicht beschleunigt sich sogar der Zerfall der westlichen Führungsmacht. Nicht wenige sehen die USA am Rande eines Bürgerkriegs. Postings in den sozialen Medien zeigen, dass die Sorge der Bürger vor einem möglichen Konflikt wächst. Der hohe Waffenbesitz in den USA erhöht die Möglichkeit eines bewaffneten Konflikts. Entscheidend wird sein, wie sich das US-Militär verhält, aber die Voraussetzungen für politische Instabilität und mögliche Gewaltakte sind gegeben.