Der Geschichtslehrer aus Hessen, Wagenknechts Blackbox-Partei und der Nährboden ostdeutscher Demokratiemüdigkeit

Mein Kommentar zu den Wahlergebnissen in Sachsen und Thüringen fällt kurz aus: Ich verstehe nicht, wie so viele Menschen AfD oder BSW wählen können!

Ist die Sehnsucht nach einem starken Staat, der sich um alles kümmert und der damit verbundenen Ruhe für den Einzelnen, wirklich so groß, dass man die dazugehörigen Freiheitseinschränkungen in Kauf nimmt? Ließ es sich damals gut leben, wie es die DDR-Ostalgie verklärt, weil man genau wusste, was man darf und was nicht? Anders als mit Demokratiemüdigkeit oder einer allgemeinen Null-Bock-Stimmung, kann ich mir die Kreuze bei den Rechtsextremen um den Geschichtslehrer aus Hessen oder bei Wagenknechts Blackbox-Partei (oder weiß jemand genauer, wofür das BSW eigentlich steht?) nicht erklären. Außer dem üblichen Gesocks will hier niemand die Nazis zurück.

Und ja, es ist ziemlich anstrengend, eine eigene Meinung zu haben und diese in Diskussionen zu vertreten. Da ist die Übernahme der Meinung aus dem Propaganda-Telegramkanal der Partei viel einfacher und so trifft man auch überall auf Menschen mit der gleichen Meinung. Niemand muss sich also mehr um einen Faktencheck kümmern. Rechte von Minderheiten können der Mehrheitsgesellschaft egal sein und es wird sowieso alles so bleiben, wie es ist. Die machen das schon und wir haben unsere Ruhe. Ist das der Zustand, zu dem die AfD- und BSW-Wähler zurückwollen?

Hinzu kommt eine Politik der Bundesregierung, die in der Sache gar nicht so schlecht ist. Aber wenn sich die handelnden Personen Woche für Woche öffentlich streiten und ihre Arbeit auch noch schlecht kommunizieren, dann fallen die einfachen Antworten der Populisten auf die Herausforderungen in unserer Welt in einer müden Gesellschaft auf fruchtbaren Boden.

Ich habe heute Morgen im Deutschlandfunk einen, wie es hieß, ganz unaufgeregten Blick auf die Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen gehört. Wie, als ob es um einen Bericht übers Ausland geht. Diese Art der Berichterstattung ist sehr bequem für den westdeutschen Teil der Bundesrepublik. Die AfD ist ein Problem von dort im Osten, mit dem wir hier eigentlich nichts zu tun haben.

Das ist nicht nur ein Irrtum. Man muss nur nach Frankreich oder Italien schauen. Die Sehnsucht nach einem starken Staat ist groß. Aber vielleicht ist dieser oft geäußerte Gedanke auch ein Grund für manches Kreuz.


Kommentare

Hans-Georg • Sonntag, 1. September 2024

Nein, zu verstehen ist das nicht, es sei denn, wie du schon selbst sagst: Früher brauchten wir uns um nichts zu kümmern, uns wurde gesagt, wo es langgeht, oder eben nicht. Bei euch in Sachsen sieht das ja noch relativ positiv aus. Aber was ist schon positiv, wenn die Nazis so viele Stimmen erringen konnten. Thüringen – sowas in der Art war ja zu erwarten. Ja, in anbetracht der Situation hätte es der Ampel und der Opposition gutgetan, mal ruhig zu sein. Sich ständig zu kloppen war sicher nicht hilfreich.


Torsten • Freitag, 6. September 2024 (via WhatsApp)

Du hattest übrigens mal gefragt, für was „bsw“ steht. Fiel mir am Morgen nach der Wahl auf dem Klo ein. Wahrscheinlich sowas wie „Bündnis sowjetischer Wahrheitsverdreher“.

Danny • Freitag, 6. September 2024

Putin hat zwei Wahlen gewonnen und das, ohne das Ergebnis fälschen zu müssen.

Torsten • Freitag, 6. September 2024 (via WhatsApp)

Naja, fakenews verbreiten zähle ich durchaus aus Ergebnis fälschen.


#Landtagswahlen @10DanSch