Eine eingestürzte Brücke, ein Wartezimmer und die Entstehungen von Gerüchten

Die Carolabrücke verbindet Dresdens Altstadt mit der Neustadt. In der letzten Nacht stürzt ein Teil dieser Brücke ein. Neben dem Verkehr ist auch die Fernwärmeversorgung betroffen. Durch den Einsturz wurden zwei große Leitungen beschädigt. Die Feuerwehr vermutet, dass Defekt in den Rohren die Ursache für den Einsturz sein könnte.

Während ich diese Nachricht lese, warte ich auf die Blutabnahme für mein regelmäßiges Check-up und plötzlich wird aus einem lauten Gemurmel im Wartezimmer ein dynamisches Gespräch, zu dem viele etwas beitragen müssen.

Ein Verhaltensforscher hätte sicher seine helle Freude an dem, was hier passiert. Obwohl bisher nur das bekannt ist, was die Sächsische Zeitung und auch andere Nachrichtenportale zusammenfassen und dort überall die Einschätzung der Feuerwehr zitiert wird, brodelt hier in der Arztpraxis ohne weitere Informationen die Gerüchteküche.

„Leider“ kann ich nicht weiter verfolgen, auf welchen Verursacher sich die faktenlosen Experten einigen, da ich gerade aufgerufen werde. Aber der sogenannte „Islamische Staat“ oder Putin werden heiß diskutiert.

Nachtrag

Ich wollte mich nach dem Schreiben des Beitrags weiter informieren und habe im Internet nach Videos, Bildern und Berichten von Augenzeugen gesucht. Ich bin erschrocken, wie tief der Hass in unserer Gesellschaft verwurzelt ist und dass auch bei diesem Thema gegen Flüchtlinge und Entwicklungshilfe gehetzt wird. Menschen, die versuchen, mit sachlichen Aussagen „dagegenzuhalten“, haben keine Chance, weil Fakten nicht mehr zählen, wenn man wütend sein will.


Kommentare

C. R. • Mittwoch, 11. September 2024

Ich hatte richtig Gänsehaut, als ich davon gelesen hatte. Nur drei Stunden später und ich wäre über die Carola-Brücke gefahren. Dresden hatte da letzte Nacht echt Glück, dass die Katastrophe keine Menschenleben gefordert hat.

Hoffentlich ist der Teil mit den Auto-Fahrspuren unbeschädigt geblieben, dass die Brücke für die nächsten Jahre nicht ganz ausfällt.


Hans-Georg • Mittwoch, 11. September 2024

Shit happens und die Menschen, die bisher diese Brücke benutzt haben, um zur Arbeit und wieder nach Hause zu kommen, sind davon jetzt betroffen.

Als ehemaliger Lübecker lese ich eine Online Nachrichtenseite, die sich mit Themen dort beschäftigt. Lübeck hat seit enigen Jahren ein Brückenproblem. Und wenn darüber mal was geschrieben wird, sind immer die selben Kommentare der Leser zu lesen. Natürlich haben die Grünen schuld, und die Ampel sowieso.

Danny • Mittwoch, 11. September 2024

Selbst wenn in Bayern, wo seit Anbeginn der Zeit die CSU regiert, würde es der Markus S. schaffen, den Grünen die Schuld zu geben. Wetten dass?


Tag 24: Webcam

Quelle: TAG 24 via YouTube


Sächsischen Zeitung: Karte und erste Fotos

  • Zwischen 2:51 und 2:59 Uhr ist der elbwärts gelegene Teil der Carolabrücke, auf der sich Fußweg und Straßenbahnschienen befinden, eingestürzt
  • Bei dem Unglück gab es keine Verletzten
  • Fernwärmeleitungen wurden beschädigt – Versorgung der gesamten Stadt aktuell betroffen
  • Akute Einsturzgefahr: Feuerwehr warnt vor Einsturz weiterer Brückenteile
  • Verkehrschaos: Carolabrücke, Terassenufer, Elbe und Elberadweg sind gesperrt
  • Straßenbahnen fahren mit Umleitung

Quelle: Sächsische Zeitung, Sandro Pohl-Rahrisch, Dominique Bielmeier