Schwarzarbeit auf dem Bau, ein Gerichtsurteil und die Ego-Shooter-Show im Bundesfinanzministerium

Vorenthalten von Arbeitsentgelt lautete die Anklage in dem Prozess, an dem ich als Schöffe teilgenommen habe. Umgangssprachlich spricht man von Schwarzarbeit. Dass diese relativ leicht möglich ist, liegt auch an den laschen Kontrollen. Zuständig für die Kompetenzerweiterungen wäre das Bundesfinanzministerium. Dort gibt es aber nicht einmal entsprechende Pläne.

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Vorenthalten und Veruntreuung von Arbeitsentgelt lautete die offizielle Anklage in dem Prozess, an dem ich in den letzten Wochen als Schöffe am Landgericht Dresden teilgenommen habe. Umgangssprachlich spricht man von Schwarzarbeit.

Der Betrug läuft wie folgt ab: Die Bauarbeiter erhalten einen korrekten Arbeitsvertrag, Steuern und Abgaben werden abgeführt und auch alle Meldungen an die Sozialversicherungen und -kassen erfolgen. Nur die Bemessungsgrundlage, also die Lohnsumme, stimmt nicht. Statt beispielsweise von 2.000 Euro werden die Abgaben nur aus 1.500 Euro berechnet. Damit die Arbeiter trotzdem ihren „richtigen“ Lohn bekommen, gibt es Scheinrechnungen von oft gar nicht existierenden Drittfirmen. Das dafür verbuchte Geld wird bar ausgezahlt und landet dann in den Händen der Bauarbeiter.

Dass dies relativ einfach möglich ist, liegt auch an den laschen Kontrollen. Der Zoll ist chronisch unterfinanziert. Den Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern als Einzugs- und Prüfstellen fehlen die rechtlichen Grundlagen für intensivere Kontrollen. Auch den Berufsgenossenschaften fehlen entsprechende Ermittlungsmöglichkeiten. Dabei wären hier die notwendigen Daten vorhanden.

Zuständig für die notwendigen Kompetenzerweiterungen wäre das Bundesfinanzministerium. Doch dort gibt es nicht einmal entsprechende Pläne. Der Finanzminister, mit dem Deutschland derzeit gestraft ist, will lieber, dass der Zoll künftig das Ministeriumsgebäude bewacht, als auf Steuerhinterzieherjagd zu gehen.

„Das ist mehr eine Theateraufführung für die Eitelkeit des Ministers und weniger eine Maßnahme für mehr Sicherheit“, sagt dazu Frank Buckenhofer, Vorsitzender der Bezirksgruppe Zoll in der Gewerkschaft der Polizei, und noch treffender bringt der SPD-Bundestagsabgeordnete Carlos Kasper Lindners Pläne mit „Prinzengarde“ auf den Punkt. „Da sollen Leute den Wachdienst übernehmen, die bisher die organisierte Kriminalität bekämpft haben.“

Eigentlich wollte Herr Lindner von der Klientelpartei FDP seine Ego-Shooter-Show schon am 1. April starten lassen. Doch die notwendige Gesetzgebung stockt. Damit droht eine kuriose Konstellation. „Vor dem BMF stünden dann bewaffnete Zollbeamte, die keine polizeilichen Befugnisse haben“, sagte Gewerkschafter Buckenhofer dem „Spiegel“. „Im Notfall müssten sie dann die 110 wählen. Das ist ein echter Aprilscherz.“

Zurück zum Gerichtsverfahren. Da die Ermittlungsverfahren oft sehr lange dauern und dies zu Gunsten der Angeklagten gewertet wird, fallen die Urteile dann milder aus, als sie es eigentlich sein könnten.

Ich weiß, dass es gerade sehr beliebt ist, auf die Grünen einzudreschen und dabei gar nicht über Fakten oder Leistungen zu reden, sondern sich an der Körperfülle der Parteivorsitzenden oder an den sprachlichen Entgleisungen der Außenministerin abzuarbeiten. Aber ich kann mich immer weniger des Eindrucks erwehren, dass es eigentlich die FDP ist, die mit Abstand die schlechteste Partei in der Bundesregierung ist.

PS: Natürlich weiß ich, dass der Vorgänger des Porschefahrers ein vergesslicher Bürgermeister aus Hamburg war und dass die Justizverwaltung Ländersache ist. Aber Christian Lindner hat eben gerade die Möglichkeiten zur Veränderung in der Hand. Aber auch dies wird hoffentlich bald der Markt regeln.


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Nachrichten: ntv, Der Spiegel, Beitragsbild: dpa Picture-Alliance, Soundlogo: MuZa Productions, Hintergrundmusik: ArtArea Studio