Die Frage nach der Grundversorgung, dem Sinn von 90 öffentlich-rechtlichen Programm und über die Nichtnotwenigkeit von 11 Sendeanstalten

Kürzlich war ich im Sendegebiet des NDR unterwegs. Wie zu Hause habe ich die Mainstream-Welle gehört und dabei ist mir ein kein Unterschied zwischen der Musikauswahl und den Themen von „N-Joy“ und dem heimischen MDR-Jump aufgefallen. Wenn wir diesen Vergleich noch auf SWR 3, 1Live (WDR) und Bayern 3 ausdehnen, wird das Ergebnis wohl ähnlich ausfallen. Deshalb möchte ich meine Gedanken zur anstehenden Reform von ARD und ZDF aufschreiben, die ja derzeit in aller Munde ist.

Ein wichtiger Satz vorweg: Ich bin für das öffentlich-rechtliche System.

Die Folgen eines Rundfunks unter Regierungskontrolle haben wir in Deutschland schon zweimal erleben dürfen und was Journalismus im Sinne der Interessen der Eigentümer eines Medienhauses bedeutet, zeigt uns die Bild-„Zeitung“ regelmäßig. Bestes Beispiel ist die in den Köpfen der Deutschen fest verankerte Vorstellung, dass die Grünen und Robert Habeck höchstpersönlich in unser aller Keller kommen, um funktionierende Heizungsanlagen rauszureißen und durch Wärmepumpen zu ersetzen. Das soll so nie umgesetzt werden. Ein Interesse, gegen Ökoenergie und damit auch gegen Wärmepumpen zu hetzen, hat dagegen der Bild-Eigentümer „Kohlberg Kravis Roberts & Co“. Denn dieser KKR hält eines der größten Portfolios an fossilen Energieträgern unter den Private-Equity-Firmen.

Nun ist auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht alles Gold, was glänzt. Zunächst muss die „Verfilzung“ zwischen Politik und Sendern beendet werden. Die Regulierung und Kontrolle muss durch eine unabhängige Institution erfolgen, die von den Zuschauern gewählt wird. Das „Geschmäckle“, dass die Medien, die ja als so genannte vierte Gewalt im Staat, die Politik kontrollieren sollen, gleichzeitig aber die Kontrollierten ihren Kontrolleuren die Rahmenbedingungen vorgeben und in den Gremien der Anstalten sitzen, muss dringend beseitigt werden.

Öffentlich-rechtliche Radio- und Fernsehsender müssen zu strikter Neutralität verpflichtet werden. Noch immer ist in einigen Programmen eine politische Färbung deutlich spürbar und auf Erziehungsversuche à la Glottisschlag muss verzichtet werden. Ich will mich informieren und mir meine eigene Meinung bilden. An dieser Stelle möchte ich aber auch deutlich machen, dass ich die genannten Vorwürfe nur bei einigen Angeboten sehe und nicht auf das gesamte Angebot von ARD, ZDF und Deutschlandfunk beziehe. Begriffe wie Lügenpresse oder Systemnutte verwende ich nicht. Die Vorwürfe, die dahinter stehen, weise ich als politische Meinung geneigter Personengruppen zurück.

Schöne Sätze, die ich da gerade geschrieben habe. Aber ich bin mir sicher, dass das Geforderte nicht umgesetzt wird. Wer verzichtet schon gerne auf seinen Einfluss auf die Medien? Aber nach der nächsten Nacht der langen Messer und einem Kanzler Höcke wird der Aufschrei groß sein. – Wenn wir im blauen Deutschland überhaupt noch öffentlich aufschreien können.

Wahrscheinlicher ist, dass das Angebot von derzeit 69 Hörfunk- und 21 Fernsehprogrammen reduziert wird. Dazu möchte ich noch deutlich schreiben, dass ich in der ARD, im ZDF und im Deutschlandfunk selbst ein Überangebot sehe. Denn die ARD ist nicht ein Veranstalter, sondern neun eigenständige Anstalten. Das heißt, wir haben in Deutschland 11 öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten mit jeweils eigenen Stellen für Personalabteilungen, Gebäudemanagement, IT, Betriebsärzten und Fuhrpark. 11 mal! Muss das sein?

Mir schwebt daher ein nationaler Anbieter mit Regionalstudios in jedem Bundesland vor. Drei Unterhaltungsprogramme im Radio in den jeweiligen „Geschmacksrichtungen“ Pop, Schlager und Klassik und dazu ein Informationsprogramm reichen aus. Zur vollen Stunde die wichtigsten Nachrichten und zur halben Stunde regionale Informationen. Denn – und damit zurück zum Anfang – schon heute unterscheiden sich die Programme kaum. Aber mit der Abschaffung der elffachen Struktur ließe sich viel Gebührengeld sparen.

Beim Fernsehen ist es ähnlich. Wenn ich dort nachmittags die dritten Programme einschalte, ist auch vieles gleich. Ich sehe also bei unserem neuen nationalen Anbieter ein, zwei Unterhaltungs- und Serviceprogramme und dann noch einen Nachrichtensender. Das ist alles und gute Serien, Filme und Sportübertragungen gibt es auch bei den Privatsendern oder bei den Streamingdiensten.

Zum Schluss die vielleicht wichtigste Frage: Was ist eigentlich Grundversorgung? Ich glaube, das sind Nachrichten und gute Bildungssendungen, also Programme, die sich nur schwer über Werbung finanzieren lassen. Dazu kommt Unterhaltung. Dieses Angebot kann meiner Meinung nach von nur einem Sender – wie in den meisten Ländern mit öffentlich-rechtlichem Rundfunk – gesendet werden.