Rom im Jahre 79 unserer Zeitrechnung, computergenerierte Bilder aus dem Angebot von Temu und Diejenigen, die sterben werden

Viele Menschen fahren ungern Bus, wenn sie entgegen der Fahrtrichtung sitzen müssen. Dabei hat das nicht nur den Vorteil, dass man Leute viel besser beobachten kann, weil man sie länger im Blick hat.

Mir fiel so zum Beispiel diese Woche ein Plakat mit Sir Anthony Hopkins in römischer Kulisse auf. Wäre ich vorwärts gefahren, hätte ich keine Zeit gehabt, mir den Titel zu merken und in Gedanken „Those About to Die“ auf die Liste der Filme und Serien zu setzen, die ich mir an heißen Sommertagen gerne anschaue, wenn ich mich vor der Hitze in meiner Wohnung verkrieche.

Ich habe ein Faible für Geschichte. Meine Abschlussprüfung im Fach Geschichte hatte den Limes zum Thema und mein Interesse ist seitdem ungebrochen. Auch Serien wie „Game of Thrones“ sind mein Ding und die Serie über die Usurpatoren von Westros kommt einem sofort in den Sinn, wenn der Vorspann startet.

Die Art und Weise, wie der Vorspann von „Those About to Die“ sich der Bildsprache des Liedes von Eis und Feuer bedient, ist fast schon frech und überhaupt geht es ziemlich GoT-artig zu. Im Rom des Jahres 79 unserer Zeitrechnung fließt ebenfalls viel Blut und es gibt Sex in allen Variationen. (Einen Schicksalsberg hat das Jahr 79 übrigens auch zu bieten, da wären wir jedoch noch bei einer ganzen anderen wirklich epischen Erzählung.)

Aber es gibt einen Unterschied, einen großen. Selbst als die Drachenbabys um Daenerys Sturmtochter herumkletterten, hatte ich nie das Gefühl, dass es sich um computergenerierte Bilder handelte. Ganz anders sah es gerade auf meinen Flatscreen aus. Wer schon mal bei Temu bestellt hat, weiß, was ich meine. Alles wirkt billig.

Zum Inhalt der Serie sagt deren Regisseur Rolland Emmerich, dass es sich nicht um einen Dokumentarfilm handelt. Dennoch hält sich „Those About to Die“ relativ an die historischen Fakten. Das Geschichtswissen kann also aufgefrischt werden, und die kleinen zwischenmenschlichen Geschichten, die erzählt werden, sind zwar nicht preisverdächtig, aber gute Unterhaltung für heiße Tage, oder wenn der Winter naht.

Panem et circenses

Bevor ich meinen Beitrag zu „Those About to Die“ geschrieben habe, habe ich im Internet Kommentare zu der Serie gelesen. Die Meinung, dass sie nichts Besonderes sei, ist weit verbreitet. Und dann sind da noch die „Brot und Spiele“-Kommentare und das heroische Gefühl, schon seit Rom im Widerstand zu sein.

Abgesehen davon, dass es hilfreich wäre, sich einfach mal mit der damaligen Gesellschaftsordnung zu beschäftigen, die mit der unsrigen nur schwer vergleichbar ist, gibt es gleich in der ersten Folge Politikunterricht vom Feinsten. Die Widerstandskämpfer, um im Kontext unserer Erzählung zu bleiben, werden aufgestachelt, indem Ereignisse falsch wiedergegeben werden und dienen dann doch wieder nur den Interessen von Macht-Politikern.

Das ist wie bei den Patrioten von heute, die meinen, YouTube-Videos anzuschauen sei Recherche, die sogar ein Studium ersetzen könne, und die meinen, das Liken und Nachplappern von Kommentaren sei Philosophie.

Übrigens…

In Rom wurde die herrschende Klasse der Patrizier (also der alten Adelsfamilien) immer mehr von den Plebejern unter Druck gesetzt, bis sich die Ansicht durchsetzte, dass die Menschen nicht mehr über ihre Abstammung definiert werden sollten, sondern über die Leistungen, die sie für den Staat erbringen. Bei den heutigen Widerstandskämpfern finde ich diese Nobilität nur noch selten.

PS: Es sterben so einige.

Bildquelle: Amazon Prime Video