Neue Logos und die Empörungswelle

Leipzig und der DFB haben neue Logos. Sie entsprechen der aktuellen Designsprache, bestehen also aus dünnen Linien und nutzen nur wenige Farben. Dieses minimalistische Flat Design ist nicht mein Fall, aber – und so dürfte es den meisten anderen Deutschen wohl auch gehen – ich habe weder mit dem Fußballbund an sich noch mit der Stadtverwaltung viel zu tun. Für mich ist das Thema damit abgehakt.

Couchwiderstandskämpfer

Wenn man sich aber in einer Diktatur verortet und seine Meinung völlig ungefährdet äußern kann (ja, mir ist der Widerspruch in diesem Satz bewusst), kann man sich der Empörungswelle anschließen und dem woken, links-grün versifften System endlich mal wieder die Meinung sagen. Auf lästige Fakten muss man im Widerstand schließlich keine Rücksicht nehmen.

Die Entfernung der schwarz-rot-goldenen Streifen aus dem Logo wird als Kapitulation vor dem „antinationalen Trend” sowie als Symbol für den Identitätsverlust des deutschen Fußballs gesehen.

Ein Blick auf die Embleme des am 28. Januar 1900 in Leipzig gegründeten Fußballbundes zeigt, dass die Farbe „Grün” schon immer Teil des Logos war. Das liegt vielleicht an der Farbe des Spielfelds. Aber was weiß ich schon.

700.000-Euro-Löwen-Debatte

Das neue Erscheinungsbild der Stadtverwaltung wurde in Leipzig mit einer Mischung aus Skepsis und Empörung aufgenommen. Auslöser der Welle der Kritik waren vor allem die Kosten. Für viele war die Summe von 700.000 Euro für ein paar neue, minimalistische Striche und einen stilisierten Löwen ein willkommener Anlass, die Prioritäten der Stadt infrage zu stellen. Tenor: Dieses Geld wäre in Kitas oder die Reparatur von Radwegen besser aufgehoben gewesen.

Diese Kritik ist jedoch drastisch vereinfacht und verfehlt den eigentlichen Leistungsumfang.

Denn mit diesen Mitteln hat Leipzig nicht nur ein Logo, sondern eine vollständige Corporate Identity (CI) erworben. Die CI bildet das Fundament des Selbstbildes einer Organisation und sorgt für einen einheitlichen und unverwechselbaren Auftritt über alle Kanäle hinweg. Die 700.000 Euro flossen in das Corporate Design, welches neben dem neuen Logo auch eine eigens entwickelte Hausschrift („Leipzig Sans“), eine neue Farbpalette sowie umfassende Gestaltungsvorlagen für die gesamte digitale und analoge Kommunikation umfasst – von der Beschilderung bis zur neu gestalteten Website.

Wer eine Verwaltung will, die im digitalen Zeitalter ankommt, muss akzeptieren, dass dies nicht kostenlos zu haben ist. Ein historisch komplexes Stadtwappen lässt sich auf den kleinen Bildschirmen von Smartphones und in Apps nur schlecht darstellen.

Das neue, reduzierte Design ist hingegen gezielt für die digitale, mobile Nutzung optimiert, um moderne und barrierefreie Bürgerservices zu ermöglichen. Die Ausgaben in Höhe von 700.000 Euro sind somit eine Investition in ein zukunftsfähiges visuelles System, das die Marke Leipzig für die digitale Transformation in den kommenden Jahren rüstet. Wir können Digitalisierung nicht fordern und gleichzeitig die dafür erforderlichen Mittel verteufeln.

Meinungsbildung und die wachsende Komplexität

Letztlich zeigt die Debatte um die Leipziger Kosten – ähnlich wie die Aufregung um die gestrichenen Nationalfarben beim DFB-Logo – ein grundlegendes Muster: Es ist verlockend, schnell eine laute Meinung zu haben. Doch dabei bleibt eine intensivere Beschäftigung mit dem Thema und seinen Hintergründen oft auf der Strecke. Wir leben heute in einer komplexen Welt, die nur selten übersichtlich schwarz-weiß ist.

Eine fundierte Meinungsbildung erfordert die Bereitschaft, sich mit den Fakten und Notwendigkeiten hinter den Kulissen auseinanderzusetzen, bevor ein Urteil gefällt wird.


Quellenangabe

Deutscher Fußballbund, Wikipedia (DFB-Logos), Stadt Leipzig, Edenspiekermann GmbH, Appsfactory GmbH (Leipzig-Logos)