Bundesdeutsche Nüchternheit, Spektakel britischer Art und ein Besuch im Zoo


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Wenn ich die Nachrichten einschalte, komme ich an einer Meldung nicht vorbei: König Charles ist in Deutschland. Die Massen sind begeistert und ich bin irritiert-fasziniert.

Sowas haben wir im bundesrepublikanischen Deutschland nun mal nicht. Nicht einmal ansatzweise.

Ich kenne in meinem Umfeld niemanden, der beim Anblick von Frank-Walter Steinmeier oder Mitgliedern des Bundeskabinetts vor Verzückung laut jauchzen würde. Allerdings habe ich auch keine Porsche-fahrenden Hardcore-Fanboys in meinem Freundeskreis, die einen Paninikalender mit Schwarzweiß-Fotos besitzen. Und während die Amerikaner ja wenigstens noch Hollywood als Surrogat-Adel haben, mag ich bei der deutschen Prominenz nur dann von Stars sprechen, wenn mir eine geladene Pistole an die Schläfe gedrückt würde. Oder kommt jemand wegen Lars Eidinger hinter dem Ofen hervor?!

„Seine Majestät Charles der Dritte, von Gottes Gnaden, des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland und seiner anderen Reiche und Territorien König, Oberhaupt des Commonwealth, Verteidiger des Glaubens“ klingt als Titel natürlich besser als „Herr Bundespräsident“, und ich gebe zu, dass ich durchaus auf dem Laufenden bin, was die Gazetten aus dem Hause Windsor berichten.

Aber irgendwie irritiert dieser Zoo dann doch.

Hinter Gittern und Wassergräben verbringen die Tiere ihr Leben unter ständiger Beobachtung. Bunte Tafeln am Weg informieren kurz über die wichtigsten Fakten.

Das „Goldene Top-Aktuelle Blatt der Frau mit dem Bild“ berichtet zwar weder Fakten noch kurz-und-knapp – im Gegenteil. Das Leben der königlichen Familie ist aber durchaus vergleichbar mit dem des Löwen im Tierpark und – ein kleines Schmunzeln am Rande – neben dem Einhorn ist er auch eines ihrer Wappentiere.

Was passiert, wenn es dem Löwen zu bunt wird, konnte man vor einigen Jahren im Zoo Leipzig erleben oder aktuell in unglaublich vielen Interviews und sogar dem Buch eines Löwenbabys, das sich ins Privatleben zurückgezogen hat. Ja, wer die Öffentlichkeit scheut, füttert die Yellow Press regelmäßig mit Klatsch und Tratsch.

Und in gewisser Weise ist die britische Monarchie auch eine Art moderne Sklaverei. Laut einer Gutachterfirma trägt das Königshaus jährlich rund zwei Milliarden Euro zur britischen Wirtschaft bei. Nur werden die Windsors nicht auf Baumwollplantagen geboren, sondern dürfen in Palästen residieren. Aber so groß sind die restlichen Unterschiede dann nicht. Von Geburt an ist fast alles von Fremden vorbestimmt.

Ein kleiner Junge, der nach irgendeiner alten Tradition bis zu seinem achten Lebensjahr bei Wind und Wetter nur kurze Hosen tragen durfte, wird eines Tages George VII. und damit Staatsoberhaupt. Eine seltsame Tradition. Ich meine nicht die Hosen, sondern die Staatsform.

Eine Frage hätte ich da noch…

Elizabeth Alexandra Mary von Windsor hatten wir als Elisabeth II. eingedeutscht. Warum sagen wir nicht König Karl?