Ein dunkles Reich und neu entdeckte Tierarten

Die Tiefsee ist einer der letzten unerforschten Orte unseres Planeten. Ein riesiges, dunkles und kaltes Reich, das noch unzählige Geheimnisse birgt. Kürzlich hat eine internationale Forschergruppe, die die hydrothermalen Schlote und Vulkane rund um die Südlichen Sandwichinseln im Südatlantik erforschte, einen sensationellen Fund gemacht: Eine ganze Reihe neuer, bisher unbekannter Tierarten! Die Inselkette, ein britisches Überseegebiet, liegt in einer der abgelegensten Regionen der Erde, was diese Entdeckungen umso spektakulärer macht. Die Wissenschaftler identifizierten mehrere neue Arten von Lebewesen, die an das Leben an diesen extremen Orten angepasst sind. Schauen wir uns zwei dieser erstaunlichen Lebewesen genauer an, um zu verstehen, was in der Dunkelheit kreucht und fleucht.

Die Stars der Tiefsee-Entdeckungen

Zu den faszinierendsten Funden zählt eine neue Art von Yeti-Krebs (Kiwa-Genus). Diese Krabbenart hat pelzartige Zangen, die mit weißen oder gelblichen Borsten bedeckt sind. Die neu entdeckte Art lebt direkt an den vulkanischen Schloten und nutzt diese haarigen Zangen, um Bakterienkulturen zu züchten. Die Bakterien ernähren sich wiederum von den chemischen Verbindungen (wie Schwefelwasserstoff), die aus den Schloten austreten. Der Krebs weidet diese Bakterien dann ab – ein perfektes Beispiel für ein Tiefsee-Ökosystem, das nicht auf Sonnenlicht basiert. Die Dichte der „Haare” dieses Krebses scheint noch höher zu sein als die der bekannten Yeti-Krebse. Dieses Lebewesen ist perfekt an die extremen Temperaturschwankungen und die hohe Konzentration an Giftstoffen an den hydrothermalen Schloten angepasst.

Ein weiteres bemerkenswertes Tier ist der sogenannte „Todesballschwamm“. Er sieht aus wie eine unscheinbare, ballförmige Struktur am Meeresboden. Im Gegensatz zu den meisten Schwämmen, die harmlos Mikroorganismen filtern, ist dieser Schwamm jedoch ein aktiver Jäger. Er ist vollständig mit winzigen Haken bedeckt. Kleinere Krebse und andere wirbellose Tiere, die mit der Strömung vorbeigespült werden, bleiben daran hängen. Anschließend umgibt der Schwamm die gefangene Beute mit einer Verdauungsmembran, löst sie mit Enzymen auf und absorbiert sie. Damit ist er ein bizarres Beispiel für ein Raubtier, das sich im Dunkeln lautlos bewegt.

Warum haben wir die Arten bisher noch nicht entdeckt?

Der Grund für ihre späte Entdeckung liegt in ihrer extrem isolierten Umgebung. Diese Orte sind wie „Oasen” auf dem Meeresboden und oft Tausende Kilometer voneinander entfernt. Sie befinden sich in mehreren Kilometern Tiefe und sind dem hohen Druck sowie dem heißen, giftigen Wasser ausgesetzt. Dies führt dazu, dass die hier lebenden Tiere endemisch sind – sie kommen nirgendwo sonst vor. Ein weiterer entscheidender Grund sind die technologischen Herausforderungen. Die Südlichen Sandwichinseln sind extrem abgelegen. Um die Lebewesen in diesen Tiefen zu erforschen, sind hochspezialisierte, ferngesteuerte Unterwasserfahrzeuge notwendig, die den extremen Druck aushalten und präzise Proben entnehmen können. Solche Expeditionen sind logistisch anspruchsvoll, teuer und technisch sehr komplex.

Die Notwendigkeit des Artenschutzes

Die Entdeckung dieser neuen, einzigartigen Arten beweist, wie wichtig der Schutz entlegener Tiefseegebiete ist. Vor dem Hintergrund der Pläne für Tiefseebergbau in diesen Regionen wird deutlich, dass wir diese empfindlichen und häufig nur lokal vorkommenden Ökosysteme schützen müssen, bevor sie durch menschliche Aktivitäten unwiederbringlich zerstört werden – noch bevor wir sie vollständig erforscht haben.


Quellenangabe

Die Informationen basieren auf den Forschungsergebnissen der „South Sandwich Islands Deep-Sea Expedition” sowie auf Veröffentlichungen der beteiligten Institutionen. Zu diesen zählen das Natural History Museum London, die University of Oxford, das British Antarctic Survey und die Nippon Foundation (Bild „Todesballschwamm” Chondrocladia sp. nov.).