Der Moment und die Reise von Wörtern durch die Zeit

Ich möchte in Zukunft meinem „Bildungsauftrag” mehr nachkommen, denn leider leben wir in einer Zeit, in der nicht nur jeder seine eigene, berechtigte Meinung hat, sondern viele auch ihre eigenen Fakten. Ein bisschen mehr Wissen kann daher nicht schaden. Allerdings bleibe ich bei dem, was ich wirklich weiß und erklären kann. Einen Disput mit Virologen oder Klimaexperten wird es bei mir im kleinen aber feinen Blog nicht geben. Denn auch wenn ich zu vielem (m)eine Meinung habe, habe ich nicht zu allem Wissen.

Los geht’s mit dem Moment und, dass der genau 90 Sekunden lang ist.

Zumindest für die Menschen im Mittelalter war ein „Moment” genau 90 Sekunden lang, da die Zeitmessung damals stark von Sonnenuhren abhängig war.

Die Zeit wurde nicht wie heute in festen Minuten und Sekunden gemessen. Stattdessen war ein Moment die Zeit, die der Schatten auf einer Sonnenuhr brauchte, um die Breite eines Fingers zu überstreichen. Eine Stunde wurde in 40 solcher „Momente” unterteilt, was mathematisch 90 Sekunden pro Moment entspricht. Diese präzise, wenn auch damals noch sehr an die Sonne gebundene Definition war wichtig für die Einhaltung fester Zeiten, besonders in Klöstern für Gebetszyklen. Die spätere Erfindung mechanischer Uhren standardisierte die Zeitmessung und führte zu unserem heutigen, flexibleren Verständnis des Begriffs.

Die Bedeutung von Wörtern ist also keineswegs statisch, sondern kann sich im Laufe der Zeit erheblich wandeln. Ein weiteres Beispiel dafür ist das Wort „geil”. Ursprünglich, im Althochdeutschen, hatte „geil” die Bedeutung von „üppig”, „lebensfroh” oder „ausschweifend”. So sprach man etwa von „geilen Wiesen”, um deren sattgrünes, fruchtbares Aussehen zu beschreiben, oder von einem „geilen Pferd” im Sinne eines vitalen, kräftigen Tieres. Die ursprüngliche Konnotation, die damit einhergeht, ist die von Fruchtbarkeit und Vitalität.

Im Mittelhochdeutschen entwickelte sich dann eine stärkere sexuelle Bedeutung, oft im Sinne von „lustvoll” oder „brunftig”. Dies war jedoch noch nicht abwertend gemeint.

In den letzten Jahrzehnten hat der Begriff „geil” jedoch eine weitreichende Umdeutung erfahren. Im heutigen Deutsch wird es überwiegend als Ausdruck der Begeisterung und des Lobes verwendet, vergleichbar mit „toll”, „fantastisch” oder „super”. Meine Oma hätte dagegen noch einen roten Kopf bekommen, wenn ich das Wort in ihrer Gegenwart verwendet hätte.


Kommentar

Hans-Georg • Mittwoch, 23. Juli 2025

Es gibt ja auch noch „Vergeilung“. Das passiert mit Pflanzen wenn sie zu wenig Licht bekommen.