Ich wurde als Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik geboren. Im Oktober 1990 erhielt ich einen bundesdeutschen Personalausweis. Für beide Staatsangehörigkeiten habe ich nichts geleistet. Ich kam halt in Freital auf die Welt. – Nicht mehr. Nicht weniger.
Vielleicht erklärt meine Lebensgeschichte, dass ich deshalb eine andere Einstellung zur Staatsangehörigkeit habe als die Barrikaden-Kämpfer*innen vom linksradikalen Rand oder die rechten Patrioten.
Ich bin froh Deutscher zu sein!
Denn aufgrund meines Geburtsortes weiß ich, dass Meinung- und Pressefreiheit nicht selbstverständlich sind und dass man tatsächlich ein Held sein musste, wenn man sein Demonstrationsrecht in Anspruch nehmen wollte. Die Montagsdemonstranten im sogenannten Arbeiter- und Bauernstaat bekamen „die da oben“ nämlich tatsächlich zu spüren. Es drohe nicht nur Gefängnis, sondern die Zerstörung der wirtschaftlichen Existenz ganzer Familien.
Die heutigen Patrioten hingegen werden von der Polizei vor Gegendemonstranten „geschützt“ und können jedoch selbst mit anderen Meinungen nicht umgehen. Das sind die wahren Feinde der demokratischen Grundordnung.
Heute kann ich mich frei mit Themen beschäftigen, die mir wichtig sind. Ich kann mich für Umwelt- und Naturschutz interessieren, weil ich durch die Sozialgesetze in der Bundesrepublik abgesichert bin und nicht wie die Kinder in Bangladesch, die nicht in die Schule gehen können, weil sie zum Lebensunterhalt ihrer Familien beitragen müssen.
Zurück nach Freital.
Ich wurde in der kleinen Stadt, durch die Weißeritz fließt, zwar geboren, aber die größte Zeit wohne ich schon in Dresden. Ich fände es deshalb irritierend, wenn die freitalerische Stadtverwaltung für mich zuständig wäre und so ähnlich sehe ich das auch mit der Staatsangehörigkeit: Die Behörden meines Wohnorts sind in allen ihren Gliederungsstufen für mich zuständig.
Mit dem heutigen Entwurf zur Neuregelungen der Staatsangehörigkeit kann ich deshalb mitgehen: Wer dauerhaft in Deutschland lebt, hat auch das Recht auf Mitgestaltung – also das aktive und passive Wahlrecht. Allerdings finde ich, dass diese Rechte auf eben diesen, den Ort des dauerhaften Aufenthalts begrenzt sein sollten.
Um bei Freital und Dresden zu bleiben: Warum sollte ich das Recht haben, in Freital ebenfalls wählen zu dürfen, wenn ich doch gar nicht mehr dort lebe?