Gurken, Interoperabilität und das Bürokratiemonster mit Regulierungswut

Dienstag, 5. April 2022

Wer Stimmung gegen die Europäische Union machen will, nennt sie gern Bürokratiemonster. Symbol für den berühmt-berüchtigten Regulierungswahn ist die Gurkenkrümmungsverordnung (auch wenn es diese seit mehr als einem Jahrzehnt gar nicht mehr gibt). Neu auf diesem Markt und im Angebot ist nun die Interoperabilitätsverpflichtung für Messenger-Dienste.

Die EU-Kommission will Betreiber von Messenger-Diensten verpflichten, auf offene Schnittstellen zu setzen und eine Interoperabilität zwischen den verschiedenen Techniken gewährleisten. Ziel ist es, dass Nutzende über die jeweils von ihnen gewählte App auch mit Benutzern anderer Plattformen Nachrichten austauschen können.

Gibt’s da nicht schon was?

Ja! Jedes Smartphone kann E-Mail. Damit können Texte, Bilder und Dateien versendet und empfangen werden. Wenn man dies genauer betrachtet, funktioniert dies nicht nur plattform-, sondern sogar systemübergreifend. Auch PC können E-Mails.

Und dann gibt es noch etwas anderes Verrücktes! Telefonate! Audio-Anrufe sollen ja angeblich auch mit einem Smartphone funktionieren und da kann ich nicht nur die neuesten High-End-Geräte anwählen, sondern sogar Altgeräte anrufen oder selbst in Richtung dieses Festnetzes telefonieren.

Die von der EU-Kommission geforderten Basis-Funktionen gibt es also bereits funktionstüchtig und erprobt.

Verbessert sich etwas für mich als Verbraucher?

Sorry liebe Margrethe Vestager (Executive Vice-President of the European Commission), nein! Da haben Sie als Digital-Kommissarin nicht zu Ende gedacht.

Die Messenger-Dienste-Apps werden – wie heute die E-Mail-Apps – in Zukunft ein ähnliches Design haben, da sie alle die gleichen Grundfunktionen abdecken müssen.

Einige Anbieter werden die eine oder andere hübsche Design-Idee umsetzen und das wird zu den gleichen Komplikationen führen, die die Nutzung von Emojis schon jetzt mit sich bringt.

Je nach Betriebssystem des Empfangsgerätes unterscheiden sie sich in der Gestaltung. Da sind Missverständnisse vorprogrammiert, wenn die Gesichter eine Reihe von Interpretationsmöglichkeiten bieten.

Und ich sehe noch ein Problem und dies ist nicht gerade klein. Bisher waren Messenger-Dienste „geschlossene Gesellschaften“. Zwar ist es schwer Facebook aus dem Wege zu gehen, aber noch ist es möglich der Datensammelkrake den Rücken zuzukehren. Wenn ich in Zukunft aber von „Threema“ Richtung „WhatsApp“ schreiben kann, sind meine Daten schon dort. Ob Mark Zuckerberg sich schon bedankt hat?

Bürokratiemonster mit Regulierungswut

Ist da nun eigentlich was dran? Die Sache mit der Gurkenkrümmungsverordnung hatte ihren Sinn. Gerade Gurken lassen sich besser transportieren, was schlussendlich den Preis beeinflusst. Wie wird das mit der Interoperabilitätsverpflichtung für Messenger-Anwendungen?


Bildquelle: ifun.de