Trump und die deutsche Politik

Artikel 5 • Mittwoch, 20. Januar 2021, 17:49 Uhr (Inauguration von Joseph R. Biden Jr.)

Seit wenigen Augenblicken haben die Vereinigten Staaten einen neuen Präsidenten. Ich bin gespannt, was uns von Herrn Biden erwartet. Wir alle sollten ihm viel Glück wünschen.

Ich möchte an dieser Stelle kein Resümee über die Präsidentschaft Trump ziehen. Dazu fehlt mir schlicht eine genauere Kenntnis der amerikanischen Innenpolitik. Dazu kommt, dass in den deutschen Medien meist nur über die kleinen und großen Skandale des Reality-TV-Stars berichtet wurde und die Lächerlichkeit seiner Administration im Fokus stand. Ich glaube nicht, dass dies für ein faires Fazit reicht.

Ich möchte aber einige Gedanken aufschreiben, die sich vielleicht auch deutsche Politiker machen sollten.

Die da oben und wir hier unten

Seit der Wahl von Donald J. Trump zum US-Präsidenten fasziniert es mich, dass seine Wähler den (angeblichen?) Multimilliardär als einen Kämpfer für ihre Interessen sehen. Herrn Trumps Lebenswirklichkeit ist doch eher von der Upper East Side mit ihren schicken Restaurants und den Designerläden auf der Madison Avenue geprägt. Nicht von ungefähr kommt sein Kroll auf die deutsche Wirtschaft, sah er doch in New Yorks elegantem Wohnviertel die vielen BMW und Mercedes, die aber besonders bei seinen Kern-Wählern eher nicht zur üblichen Fahrzeugausstattung gehören.

Wie hat er dies also geschafft? Vieles von seinem Erfolg liegt da im Gebrauch der Sprache. In Deutschland gibt es zurzeit das Hashtag #Gendergaga – befeuert von der AfD. Hier kann man durchaus die Entfremdung zwischen Politik und Bevölkerung beobachten. Auch ich schüttle beim Hören mancher Politikerrede den Kopf über die fast schon brachiale Gewalt, mit der gegendert wird. Das klingt nicht immer nach guter Grammatik, ist aber politisch korrekt. Jedoch notwendig? Ich habe Frauen schon immer als gleichwertig gesehen. Ich muss also nicht von Politiker*innen reden, um meinen Respekt zum Ausdruck zu bringen. Nur weil ich vom Gendern wenig halte, laufe ich aber nicht einem Populisten hinterher und verkneife mir das „gaga“.

Wird sich nun aber ein Mann, der von Gleichberechtigung eh nichts hält, sich durchs Gendern ändern? Laut einigen Studien erstaunlicherweise ja. Denn der Gebrauch der Sprache bestimmt unsere Handlungen und diesen Gebrauch muss man (vor-) leben.

Zurück zu Donald Trump. Sein Auftreten, seine Sprache signalisierte, dass das was bisher funktionierte, auch weiter funktioniert. Mir ist egal was „die da oben“ wollen und genau darauf setzt auch die AfD. Nur das der Gegenwind in Deutschland aufgrund unserer politisch vielfältigeren Gesellschaft größer ist. Vielleicht ist unser Mehrparteiensystem sogar die beste Antwort auf trumpschen Populismus.

Unsere Politikerinnen und Politiker sollten trotz dieser mächtigen Waffe dennoch nicht nur blind ihren Zielen folgen, sondern auf des Volkes Stimme hören. Vielleicht geht’s dann manchmal langsamer voran und bestimme Ziele, wie eine gendergerechte Sprache, werden später erreicht. Aber wir erreichen dann das Ziel ohne innere Zerrissenheit, die der Nährboden für Populismus ist.

Ich glaube aber, dass ein großer Teil der deutschen Bevölkerung viel weltoffener ist, als uns das die veröffentlichte Meinung glauben machen will. – Populismus ist verdammt laut.